Stressreduktion im Wald – Shinrin Yoku

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Stressreduktion im Wald – Shinrin Yoku

Stressreduktion durch Shinrin Yoku
»Die einen werden durch einen Baum zu Freudentränen gerührt, für die anderen ist er nur etwas Grünes, das im Weg steht. Für die einen ist die Natur lächerlich und missgestaltet, andere nehmen sie nicht einmal wahr. Doch für den, der Fantasie hat, ist die Natur die Fantasie selbst.« William Blake

„Wieso bist du hier?“ – mit dieser vermeintlich einfachen Frage eröffnete Patrick Urban die Vorstellungsrunde vom Shinrin Yoku Kurs am Benediktushof. Und obwohl ich erst als Vorletzte der Runde dran war, musste ich die Frage zurückstellen. Ja, meine Intuition hatte mir signalisiert „schau dir das mal genauer an“, aber das „Wieso“ konnte ich erst nach den vier intensiven Tagen für mich beantworten.

Wieso Shinrin Yoku?

Ohne es zu wissen, hatte es mein Bauchgefühl schon geahnt. Das japanische Waldbaden „Shinrin Yoku“ ist eine wissenschaftlich erforschte Methode zur Stressreduktion und somit eine wunderbare Ergänzung zu den Achtsamkeitsmethoden, die ich bisher kennenlernen und unterrichten durfte. So finden sich viele der stressreduzierenden Wirkungen vom MBSR (mindfulness based stress reduction) auch im Shinrin Yoku wieder. Beispielsweise u.a. die Reduktion vom Stresshormon Cortisol, die Regulation von Bluthochdruck und eine ausgleichende Wirkung auf unser emotionales Befinden. Durch all diese positiven Wirkungen wird zudem auch unser Immunsystem gestärkt.

So schreibt der bekannte japanische Wissenschaftler Prof. Yoshifumi Miyazaki in seinem „Shinrin Yoku“ Buch, dass der Körper sich trotz urbaner Lebensweisen daran „erinnert“, dass die Natur seit Millionen von Jahren sein Zuhause ist. Wodurch wir uns unbewusst und ohne unser aktives Zutun „irgendwie besser fühlen, wenn wir von der Natur umgeben sind“.

Vorausgesetzt natürlich, dass man sich mit all seinen Sinnen und seiner Wahrnehmung darauf einlässt. Das ist der Teil, in dem Achtsamkeit wieder die Bühne betritt. Denn es macht einen Unterschied, ob du durch den Wald hetzt, oder ob du ihn mit all deiner Präsenz wahrnimmst und auf dich wirken lässt. Deswegen ist die genauere Übersetzung von Shinrin Yoku auch „ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen“.

Stressreduktion durch Achtsamkeit

Diese Zwischenüberschrift ist die häufig benutzte Übersetzung von MBSR (mindfulness based stress reduction) und gleichzeitig beschreibt sie auch die heilsame Wirkung von Shinrin Yoku. In meinen Augen zwei sich ausgezeichnet ergänzende Methoden, wenn man mit Stress im Alltag zu tun hat, oder sich vorbeugend um sein Wohlergehen kümmern möchte.

Dabei unterstützen die beiden einander, indem sie dir sozusagen Körperwahrnehmung und Achtsamkeit erfahrbar machen. So könnte ein MBSR-Kurs vielleicht auch als eine Art von „Trockentraining im gewohnten Umfeld“ betrachtet werden. Anhand vom Bodyscan, von achtsamen Yoga und der Meditation „trainierst“ du dabei deinen „Achtsamkeitsmuskel“ und wappnest dich damit für den Alltag.

Diese drei „Säulen des MBSR“ können dabei nahtlos in das Shinrin Yoku einfließen und dir als wertvolle Ressource dienen. Ich möchte dir dazu gerne ein paar Beispiele geben, um es zu verdeutlichen.

Körperwahrnehmung & Hängemattenzeit

Beginnen wir mit dem Bodyscan. Anhand dieser Achtsamkeitsübung im Liegen lernst du dich im Körper wieder besser zu spüren. Dabei reichen die Erfahrungen vom sofortigen Einschlafen bis zur wachen Präsenz. Und das zeigt vor allem was gerade bei dir „ist“. So möchte dir das schnelle Einschlafen möglicherweise „mitteilen“, wie erschöpft du momentan bist.

Das Wahrnehmen im Liegen lässt sich gut auf die „Hängemattenzeit“ im Shinrin Yoku übertragen. Auch hier zeigt sich dein aktueller Zustand sehr deutlich, mit einem kleinen Unterschied. Der Faktor Wald wirkt psychoaktiv, was bedeutet, dass du möglicherweise auch genau das Gegenteil von dem erlebst, was du erwartest. So kannst du dich beispielsweise müde in die Hängematte legen und plötzlich – beim Anblick des grünen Blätterdachs – fühlst du dich hellwach.

Nehmen wir als weiteres Beispiel die Yoga-Übungen genauer unter die Lupe. Im MBSR-Kurs kannst du die einfachen Bewegungen in aller Ruhe und in Verbindung mit dem Atem erlernen. Du kannst erfahren, wo deine jeweiligen Grenzen sind und ohne jegliche Ablenkung von außen der Anleitung folgen und in dich hineinspüren. In meinen MBSR-Kursen beginne ich dabei mit Übungen im Liegen, da diese sich zu Beginn häufig angenehmer anfühlen und einen guten Übergang vom Bodyscan in die Bewegung darstellen. Später kommt dann eine Yoga-Abfolge im Stehen dazu, die sich wunderbar in der Natur – sprich auch beim Waldbaden – ausüben lässt.

Zu guter Letzt noch die Meditation. Auch hier erlernst du in meinen MBSR-Kursen verschiedene Variationen der angeleiteten Sitz- und Gehmeditation. Meditation im Wald ist eine sehr eindrucksvolle Erfahrung, braucht vorab jedoch ein bisschen Übung, da man sich von den Geräuschen der Umgebung auch mal schnell ablenken lässt. Anders ist es mit der Gehmeditation. Da es meist ein Stückchen Weg zum geeigneten Hängemattenplatz ist, lässt sich dabei die Gehmediation ideal praktizieren. Man geht gemeinsam und dennoch jeder für sich in Stille und kann dabei in seiner Zeit in die Atmosphäre des Waldes eintauchen.

Meine kostenlose Anleitung zum Bodyscan, achtsamen Yoga und der Sitzmediation kannst du dir übrigens auf meiner Startseite herunterladen. Dazu einfach nach unten scrollen und die Icons anklicken.

Shinrin Yoku in der Praxis

Habe ich dich neugierig gemacht? Vielleicht verspürst nun auch die Lust auf ein Waldbad in Achtsamkeit. Für mich scheint Shinrin Yoku eine ideale Ressource und Ergänzung zur täglichen Achtsamkeitspraxis zu sein. Deshalb möchte ich für meine ehemaligen MBSR Kursteilnehmer ab Frühjahr 2023 Shinrin Yoku Vertiefungsnachmittage anbieten. Diese werden neben ausgewählten MBSR Elementen auch Impulse über die Wirkungsweise des Waldbadens und natürlich die erholsame Hängemattenzeit beinhalten.

Solltest du bereits einen MBSR Kurs gemacht haben und Interesse an so einem Shinrin Yoku Vertiefungsnachmittag haben, dann schreib mir gerne eine Email an hallo@yomea.de und ich nehme dich in meinem Email Verteiler mit auf.

Weitere Infos zu Patrick Urban, seinen Kursen und Weiterbildungen findest du auf IGT:Berlin: https://www.igt-berlin.org/

»Den Namen des Baumes kannte ich nicht, doch ich badete in seinem süßen Duft.« Matsuo Basho